Digitalisierung im Unternehmen: Wie es ganz sicher (nicht) klappt
- 08.01.2025
- Allgemein
Prof. Dr. Roman Stöger mit seinem Buch „Digitalisierungsmanagement. Digitale Geschäftsmodelle und Künstliche Intelligenz nutzen.“
Wie wird Digitalisierung unternehmerisch wirksam? Prof. Dr. Roman Stöger erklärt im Interview mit Prof. Dr. Bert Neumeister, warum Big Results statt Big Data der Schlüssel ist.
Worauf kommt es bei der Nutzung der Digitalisierung aus unternehmerischer Sicht an? Prof. Dr. Bert Neumeister vom Studiengang Marketing und Kommunikationsmanagement der FH Kufstein Tirol spricht darüber mit Prof. Dr. Roman Stöger, Professor für Strategische Unternehmensführung an der FH Kufstein Tirol. Seine aktuelle Buchpublikation im Verlag Schäffer-Poeschel lautet Digitalisierungsmanagement. Digitale Geschäftsmodelle und Künstliche Intelligenz nutzen.
Wovon handelt Dein neues Buch und welche Themen greift es auf?
Roman Stöger: Die Kernfrage lautet: Wie wird die Digitalisierung unternehmerisch wirksam? Es werden diejenigen Methoden und Werkzeuge vorgestellt, die sich in der Praxis bewährt haben: von einer Digitalisierungsstrategie über das digitale Geschäftsmodell bis zu Fragestellungen von Organisation, Führung und Unternehmenskultur im Kontext der Digitalisierung. Dabei geht es immer auch um Anwendungsimpulse für die Künstliche Intelligenz, weil die Grenzen hier oft fließend sind.
In Deinem Buch legst Du großen Wert auf das Thema Wirksamkeit. Warum ist dieser Aspekt so entscheidend?
Roman Stöger: Der größte Engpass heute sind nicht Ideen, sondern die Umsetzung. Viele empirische Studien zeigen, dass die erfolgreiche Umsetzungsquote bei Digitalisierungsthemen bei nur 30% liegt. Datenstrukturen, Systeme und Cloud sind wichtig, der entscheidende Schritt ist aber ein anderer: die Digitalisierung so zu gestalten, dass Kunden einen echten Nutzen haben bzw. dass das Unternehmen produktiver wird. Es wird ständig von Potenzialen gesprochen. Unternehmerisch zählt am Ende des Tages aber nur eines: ein konkretes Ergebnis. Genau das ist mit dem Spruch gemeint 'Big Results statt Big Data'.
Inwieweit sind Digitalisierung und Künstliche Intelligenz miteinander verbunden?
Roman Stöger: Die Digitalisierung liefert die Grundlage für KI. Das bedeutet: KI setzt die Digitalisierung voraus, die Digitalisierung aber nicht unbedingt die KI. Bevor Unternehmen tief in KI-Themen einsteigen, sollten sie zuerst die Chancen der Digitalisierung ausschöpfen. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Unternehmen über diese Themen philosophieren, gleichzeitig ihre Stammdaten aber nicht im Griff haben, geschweige denn diese nutzen.
Dein Buch richtet sich vor allem an Führungskräfte. Was müssen diese im digitalen Zeitalter beachten?
Roman Stöger: Als erstes immer die Markt-, Kunden- und Nutzendenke ins Zentrum stellen. Das ist die Messlatte für Digitalisierung und KI. Zweitens geht es um Priorisierung und konsequentes Projektmanagement in der Umsetzung. Und drittens muss es begleitend Organisationsentwicklung und Change-Management geben, damit es zu keinen Abstossungseffekten kommt.
Du hast in einem Vortrag einmal zugespitzt davon gesprochen, dass Kufstein in der digitalen Welt zu einem Wettbewerber von PKW-Produzenten geworden ist.
Roman Stöger: Generell sind wir in einem riesigen Strukturwandel, weil Digitalisierung und KI viele Branchen verändern: Mobilität, Kommunikation, Handel, Industrie, Medien usw. Und das bedeutet auch, dass Grenzen verschwimmen. Mittlerweile bietet die Stadt Kufstein Car-Sharing an und wird damit zu einem Konkurrenten für PKW-Hersteller, weil sich immer mehr Kufsteiner gegen ein privates Auto entscheiden. In der Alten Welt war die Branchengrenze klar: hier die Gemeinde Kufstein und dort ein PKW-Produzent. In der Neuen Welt gibt es diese Eindeutigkeiten immer weniger.
Wie siehst Du Chancen und Risiken der KI für Wirtschaft und Gesellschaft?
Roman Stöger: KI ist immer beides – sowohl Chance als auch Risiko. Beispielsweise drohen Jobverluste durch KI, gleichzeitig kann dies aber den Arbeitskräftemangel abfedern. Wir müssen bei negativen Entwicklungen aufpassen - etwa Überwachung, Manipulation und generell bei der Eigendynamik der KI. Digitalisierung und KI müssen ein Schulfach ab der ersten Klasse werden, weil hier ein Umbruch unterwegs ist, den wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.
Zur Person:
Roman Stöger war achtzehn Jahre im Management Zentrum St. Gallen als Associate Partner aktiv. Zu seinen Aufsichts- und Beratungsmandaten gehören Unternehmen aus Industrie, Handel, NPO und Finanzdienstleistungen aller Unternehmensgrößen. Er hat zahlreiche Bücher und Artikel zu den Themen Strategie, Digitalisierung, KI, Produktivität, Organisation und Führung veröffentlicht. 2016 wurde er in die Expertenkommission Digitalisierung und Innovation im Rahmen des deutschen Bundeswirtschaftsministeriums berufen.